Quelle: Reichsautobahn Atlas, 1938 |
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1. ÜberblickBeim Bau der Reichsautobahnen wurde schon frühzeitig geplant, Berlin mit einem Autobahnring ("Berliner Ring") zu umgeben und die aus sechs (ursprünglich acht) Richtungen (Stettin, Frankfurt (0), Breslau/Dresden, Leipzig, Hannover und Hamburg) kommenden Autobahnen dort einmünden und (mit Ausnahme der Hamburger Autobahn) in Autobahndreiecken mit Trompetenform enden zu lassen. Nach Usinger [1] lag 1937 die Linienführung des gesamten Ringes fest: Er sollte 187 km lang werden, bis Ende 1940 fertiggestellt sein und aus vier Teilstrecken bestehen [2]:
Der Ostring war 1937 fertig, der Südring 1938. Im Jahr 1938 war geplant [4], den Westring bis zum Hamburger Kreuz (etwa km 145) 1940 fertigzustellen, während die Inbetriebnahme des Nordrings auf "später" verschoben wurde. 1939 wird die geplante Gesamtlänge des BR mit etwa 184 km angegeben, davon sollten in Berlin rund 5,5 km bei Berlin-Buch und knapp 1,5 km in Berlin-Frohnau liegen, der Rest in Brandenburg. |
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Karte des Anschlusses Berlins an das Netz der Reichsautobahnen von 1938 Quelle: Die Straße 5 (1938), H. 2, S. 39 |
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2. Der WestringBis zum 27.11.1939 war der Westring bis zur Anschlussstelle (AS) Marquardt (heute "Potsdam-Nord", km 128) fertig gestellt. Wie Luftaufnahmen aus dem Jahr 1941 zeigen, war der Weiterbau bis nordöstlich hinter dem Hamburger Kreuz in Bau. Bei Brieselang [5] begannen im Frühjahr 1939 die Rodungsarbeiten und das Abtragen des Waldbodens, der in seitlichen Mieten gelagert wurde. Anschließend sollten Erdarbeiten zur Herstellung des Autobahnplanums beginnen. Wie weit diese Arbeiten bis Ausbruch des Zweiten Weltkrieges geführt wurden, ist nicht bekannt. Der Berliner Ring sollte unter der (hochgelegten) Eisenbahn Berlin - Nauen - (Hamburg) durchgeführt werden und anschließend in nordöstlicher Richtung dicht neben der Finkenkruger Straße (heute L 202) verlaufen. Wo heute der Berliner (Eisenbahn-)Außenring die Nauener Chaussee (L 201) ebenerdig kreuzt, sollte der Berliner Ring zunächst über diese Straße (am Alten Finkenkrug) und im weiteren Verlauf über die Autobahn Berlin - Hamburg geführt werden (Hamburger Kreuz im Bereich der Falkenhagener Wiesen). |
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3. Der NordringDer Nordring ist nicht mehr begonnen worden. Luftaufnahmen aus dem Jahr 1939 zeigen einen schmalen Weg von der Anschlussstelle Berlin-Weißensee nach Westen bis zur Eisenbahn Berlin - Bernau. Vielleicht diente dieser Weg als Baustraße oder zur Vermessung der geplanten Trasse. Im weiteren Verlauf scheint für 4 km die heutige Regionalbahn bis Schönerlinde auf der ehemaligen Trasse des Berliner Rings zu verlaufen. Die Niederbarnimer Eisenbahn ("Heidekrautbahn") - eine Kleinbahn von Berlin-Wilhelmsruh nach Norden - besaß nach 1945 mit Wilhelmsruh einen Endpunkt, der mit dem nächsten Streckenverlauf unmittelbar an der Sektorengrenze zwischen russischem und französischem Sektor lag. Daher wurde von der Deutschen Reichsbahn am 06.05.1950 eine zusätzliche neue, eingleisige Strecke von Berlin-Karow über Schönerlinde nach Schönwalde/Kreis Barnim eingeweiht, wo sie in die alte Strecke der Heidekrautbahn einmündet. Die Strecke von Berlin-Karow bis Schönerlinde scheint auf der alten Berliner-Ring-Trasse errichtet worden zu sein. |
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4. Heutiger Berliner RingAus politischen Gründen ist von 1970 bis 1979 der Berliner Ring außerhalb von Berlin (West) fertiggestellt worden. Im Rahmen des Baues der Autobahn Berlin – Rostock wurde 1972-74 in Teilstücken der Nordteil für den Verkehr freigegeben und 1979 dann das von Süd nach Nord verlaufende Schlussstück von Potsdam-Nord zum heutigen AD Havelland. Der heutige Berliner Ring ist 196 km lang und damit etwa 10 km länger als der in den 1930er Jahren geplante Ring. |
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5. Die Reichsautobahn Berlin - Hamburg im Berliner UmfeldDie Autobahn sollte westlich Berlins bei Dallgow von der verlängerten Ost-West-Achse, der Reichsstraße 103 (spätere R 5), in Richtung Nordwest abzweigen. Ihr weiterer Verlauf ging über Falkensee, östlich von Finkenkrug an der Nahtstelle zu Seegefeld im Bereich der heutigen Amselstraße [6]. In den Falkenhagener Wiesen erreichte sie das Hamburger Kreuz. Nordwestlich der Berliner Exklave mit dem heutigen Namen "Brieselanger Wiesen" kreuzte sie den Nieder Neuendorfer Kanal, eine kleine schon damals unbedeutende Wasserstraße. Anschließend schwenkte die Autobahn nach Nordwest zur AS bei Pausin und weiter nach Nord über die AS bei Börnicke zur AS bei Linum. Luftbildaufnahmen zeigen, dass die Trasse in Falkensee ab der Kreuzung mit der Eisenbahn Berlin - Nauen in Richtung Norden im Bau war. Das Hamburger Kreuz ist nicht mehr begonnen worden. Bei Linum endet die auf den Luftbildaufnahmen von 1941 erkennbare Trasse, die durch das Linumer Luch weiter in Richtung Norden verlaufen sollte. Noch heute kann man am Baumbestand und an den Mieten den alten Trassenverlauf "mit geschultem Auge" erkennen. |
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6. Brücke über den Nieder Neuendorfer KanalDie RAB Berlin - Hamburg sollte den Nieder Neuendorfer Kanal (NNK) nördlich von Brieselang und westlich vom Hamburger Kreuz queren, die Brücke wäre schräg von Südosten nach Nordwesten unter einem Winkel von etwa 45° zur Kanalachse verlaufen. Luftaufnahmen von 1941 und 1944 zeigen, dass die Widerlager südlich und nördlich des Kanals fertiggestellt wurden. Sie weisen parallel zum NNK eine Länge von 35 m und eine Dicke von 3,5 m auf, ihr Abstand voneinander beträgt 21 m. Infolge der schiefwinkligen Kreuzung des NNK wäre die Brücke insgesamt 25 m breit und die Fahrbahn-Mittelachse von Widerlager zu Widerlager 30 m lang geworden (alle Maße abgerundet). 1951/52 wurden von der DDR Teile des NNK und andere Wasserstraßen zum "Havelkanal" ausgebaut, um dadurch Berlin (West) umgehen zu können. Die Trasse des neuen Kanals führt unmittelbar nördlich des nördlichen Widerlagers der nicht fertiggestellten Brücke vorbei; weiter westlich benutzt der Havelkanal das Bett des NNK, weiter östlich wird der alte NNK mittels eines Einlassbauwerks in den neuen Havelkanal geführt. Da die Flügelwände des nördlichen Widerlagers in die Böschung des Havelkanals geragt hätten, wurden sie damals abgebrochen. Noch heute sind das unveränderte südliche Widerlager und das - jetzt wie ein Pfeiler wirkende - flügelwandlose nördliche Widerlager zu finden, dazwischen als sumpfige Stelle der ehemalige NNK. |
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7. Quellen:
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Text: Dr. Wolfgang Seele
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Quelle: unbek., 1939
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Info: Betriebskilometrierung
Die Betriebskilometrierung des Berliner Rings ist ein Novum im deutschen Autobahnnetz. Sie beginnt und endet am selben Punkt, dem Autobahndreieck Schwanebeck (BAB A11 Berlin - Stettin). Vom Kilometer 0,0 wird im Uhrzeigersinn über Ost-, Süd-, West- und Nordring bis zum Kilometer 195,8 gezählt. Foto: R. Arndt, Jüterbog 2011 |
SchrifttumQuelle: Hafen, P. "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen",Ferdinand Dümmlers Verlag, 1956
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Gesamtgestaltung: H. Schneider, 2011 |